Das Kunst- und Kulturbudget in Vorarlberg gehört nicht zu den größten Posten im Landesbudget. Wohl aber zu den Bedeutendsten, vor allem, wenn wir über Effekte von Kunst- und Kulturabeit auf den Standort, das Sozialsystem, Bildung, Wissenschaft oder insbesondere ein funktionierendes Zusammenleben nachdenken.
Einige Gedanken zum Kunst- und Kulturbudget und dem interessanten Dialog im Plenum mit den Kultursprecher-Kollegen/innen Bernhard Weber (Grüne), Hubert Kinz (FPÖ), Manuela Auer (SPÖ) und Sabine Scheffknecht (NEOS).
Es gibt im Kulturbereich verschiedene Paradigmen. Einerseits eine „Kultur für alle“, wie ihn der deutsche Sozialdemokrat Hilmar Hoffmann in den 1970er und 1980er-Jahren geprägt, sprich einen demokratischen Zugang zu künstlerischem Schaffen, aber auch ein niederschwelliger Zugang zu Kultur, auch zum Erlebnis Kunst. Im Gegensatz dazu steht, was der ÖVP gerne vorgehalten wird, die Förderung der großen kulturellen Einrichtungen, der Leuchttürme, jene Einrichtungen, die auch ökonomische Effekte mit sich bringen, die auch dem Wirtschaftsstandort Vorarlberg zu Gute kommen. Es braucht beides, die großen Tanker, die freie Kulturszene und insbesondere auch die Volkskultur. Im Budget 2020 findet sich ein eindeutiges Bekenntnis zum Blasmusikverband, zum Chorverband, zur Pflege des Brauchtums und zum Landestrachtenverband, aber auch zum Amatheurtheaterverband, wo rund 60 Gruppen aktiv Theater spielen, sowie zu den großen Kunstverbänden, der Berufsvereinigung der bildenden Künstler sowie zu Kunst.Vorarlberg.
Vorarlberg lebt von einer unglaublichen kulturellen Vielfalt. Das Land investiert 2020 23,8 Mio Euro in Kunst und Kultur, 2019 waren es noch 23,4 Mio. Euro. Weitere 10,6 Millionen fließen in die Musikschulen, sowie 6,5 Millionen in die Landesbibliothek.
Fünf Projekte zu benennen, die im Fokus 2020 stehen:
- Das Literaturhaus Hohenems, ein Prozess in den Jahren 2019 bis 2021, wo in und rund um die Villa Rosenthal ein Prozess zur Bewusstseinsbildung (Bedeutung von Literatur für die Gesellschaft) in Gang gesetzt wurde. Im Jahr 2020 sind im Landesbudget dafür 70.000,- Euro vorgesehen, 2021 dann 80.000,- Euro.
- Im Vorarlberger Süden werden weitere kulturelle Impulse losgetreten. 30.000 Euro wird das Land in die kulturelle Positionierung des Walgaus investieren. Auf der Suche nach einer kulturellen Identität einer Region zwischen zwei Bezirkshauptstädten und zwei Bezirken. Es geht in erster Linie um kulturelle Verdichtungspotenziale. Die Kulturabteilung des Landes wird diesen Prozess federführend begleiten. Die Kulturabteilung des Landes unterstützt zudem die Kulturfabrik 2030 sowie das Stadtlabor zur historischen Aufarbeitung der Stadt Bludenz.
- 800 Jahre Feldkirch war ein Musterbeispiel, wie ein Stadtjubiläum gefeiert werden kann. 2020 wird die Lichtstadt Feldkirch mit je 40.000 Euro aus der Kultur und der Wirtschaft gefördert. Das Ziel ist ganz klar: Es geht darum, Kunst in die Breite zu bringen und so aktiv auf die Bevölkerung zuzugehen. Zudem wird das Land 2020 das 750-Jahr-Jubliläum der Gemeinde Schwarzenberg mit 20.000 Euro unterstützen, weitere 20.000 Euro sind dazu bereits 2019 geflossen. Jubiläen dienen als Modell, sich als Kommune der regionalen, der eigenen Historie und Identität zu stellen.
- „Wer Zukunft gestalten will, muss auch seine Vergangenheit kennen.“ Das Kleinwalsertal hat als Heimatmuseum Kleinwalsertal zum Walser Museum für die Zukunft definiert. Jetzt heißt es diesen Prozess der Neuausrichtung und die Besinnung auf die eigenen Wurzeln konsequent zu gehen. Das Land fördert diesen Prozess mit 30.000,- Euro.
- Und last but not least gilt es das Thema der Barockbaumeister auch im Sinne des touristischen Potenzials weiter zu stärken. Die Gemeinden Au und Bezau im Bregenzerwald haben sich diesem Erbe verschrieben. Es geht um eine weitere Sichtbarmachung dieses historischen Potenzials, 20.000 Euro wird das Land im kommenden Jahr dafür in die Hand nehmen.
Insgesamt wurde das Kulturbudget 2020 gegenüber 2019 um 1,6 Prozent erhöht, die Erhöhung für die KUGES beläuft sich auf 1%, das heißt, das überproportional mehr für die freie Kulturarbeit budgetiert ist.
Mit dem relativ geringen Budgetplus von 1% für die Vorarlberger Kulturhäuser (Vorarlberg Museum, Landestheater und Kunsthaus), faktisch 117.000 Euro, kann die Indexierung der rund 130 Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergehälter nicht vollständig abgedeckt werden, zudem wird die KUGES im Jahr 2020 das neue Depot in Hard beziehen, eine gute Lösung für das Land, in dem auch die Landesbibliothek dringend notwendige Depoträume bekommen wird. Im Bregenzer Brachsenweg kann eine Art Schaudepot entstehen. All das sind nachhaltige Impulse für die Vorarlberger Kulturlandschaft und die effektivste Lösung, auch im Sinne des Steuerzahlers.
Das Budget des Symphonieorchesters Vorarlberg mit 570.000 Euro wurde bis 2022 fixiert, das Land wird sich dbzgl. bewegen müssen. Benennen wir es beim Namen. Ähnlich wie bei der KUGES und beim Symphonieorchester Vorarlberg werden wir sich das Land strukturell etwas überlegen müssen, um die hohe künstlerische Qualität dauerhaft halten zu können.
Das Ehrenamt verändert sich, darüber müssen wir nachdenken, denn wir bauen weiter auch auf ehrenamtliche Kulturarbeit als ein gesellschaftlicher Wert. Das Land wird zudem Modelle weiterentwickeln, damit die freie Kultur, sprich jene Menschen, die von Kunst und Kulturproduktion leben, nicht ins Prekariat fallen. Auszeichnungen, Ehrengaben, Preise, die neuen Go-Stipendien, sprich die Auslandsstipendien, sind Modelle, wie wir als Land Anreize schaffen. Wir sollten aber auch darüber nachdenken, ob wir Jahresstipendien im Land für die Kunst einführen können, um die Freiheit der Kunst, die auch in der Verfassung verankert ist, zu gewährleisten.
Kultur ist und bleibt ein Querschnittsthema.
Der Hochbau wird in das Bregenzer Festspielhaus investieren, ebenso stehen größere Investitionen in die Technik des Landestheaters an, wer Kunst und Diskurs will, insbesondere in einem der chancenreichsten Lebensräume der Welt, muss auch dementsprechende Rahmenbedingungen anbieten. Auch infrastrukturelle. Das sind zudem Investitionen in den Tourismus und wesentlich auch in die Kongresslandschaft, welche wiederum ein Wirtschaftsfaktor für das ganze Land ist.
„Ich bin selbst lange genug sowohl als Kulturakteur, Kulturmanager und seit knapp 4 Jahren als Kulturpolitiker aktiv. Immer wieder wird über das Gießkannenprinzip diskutiert. Müsste man nicht viel strenger sein, wenn es um Förderungen geht, bestünde die Gefahr, dass wir nur mehr die Spitze fördern? Sollten wird Kunst und Kultur nicht auch stärker dem freien Markt alleine überlassen? Nein, Kunst und Kultur brauchen ein staatliches Bekenntnis, um im Sinne der „Freiheit der Kunst“ Themen anzusprechen und gesellschaftspolitische Relevanz erzeugen zu können. Kunst regt auf, Kunst regt an, Kunst ermöglicht Diskussion. Und eines gilt für die Kultur gleichermaßen wie für den Sport: Ohne Breite, gibt es keine Spitze. Ohne qualitative Musikschulausbildung, ohne das Engagement im Chorwesen oder in den zahlreichen Blasmusikkapellen im Land, wird irgendwann den Bregenzer Festspielen oder auch den vielen freien Theatergruppen das Publikum ausgehen, was in Folge auch wirtschaftliche Folgen für den Handel, die Gastronomie, den Tourismus und schlussendlich auch die Marke Vorarlberg hätte.“
Kulturarbeit ist Bildungs- und Forschungsarbeit, ist ein unentbehrlicher Motor für die regionale Entwicklung. Das Land baut auch im Kunst- und Kulturressort auf die positiven Errungenschaften der letzten Jahre: ein zeitgemäßes Kunst- und Kulturfördergesetz, das sehr knapp und präzise formuliert ist, Transparenz durch die Einbindung von 7 unabhängigen Beiräten, sprich der Kunstkommission – das ist gelebte Bürgerbeteiligung, hier agieren Expertinnen und Experten aus dem Kunst- und Kulturbereich und gestalten das Kulturland Vorarlberg mit.
Zu drei Ideen der Opposition:
- Ein Industriemuseum klingt gut, aber vorerst muss klar sein, was wir überhaupt wollen. Einen Zukunftsort oder die Vorstellung eines klassischen Museums, in dem beispielsweise alte Maschinen präsentiert werden?
- Die Landesgalerie fordert die FPÖ seit vielen Jahren. Wenn wir heute von einer Landesgalerie sprechen, dann entstehen verschiedene Bilder. Einerseits eine zeitgenössische Sammlung, ein Ort für Wechselausstellungen oder doch eine Dauerausstellung mit den Kunstankäufen des Landes. Ich persönlich bin für die Stärkung der Berufsvereinigung der bildenden Künstler und Kunst.Vorarlberg sowie eine Stärkung der Zusammen mit bestehenden Ausstellungseinrichtungen.
- Zum Thema Kulturhauptstadt (NEOS) habe ich vieles gesagt, dazu folgt eine Debatte zu kulturstrategischen Effekten im ganzen Land im ersten Quartal 2020.
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