Wer Kulturpolitik als demokratiepolitische Infrastruktur ernst nimmt, muss sich an Taten messen lassen – und an den Ressourcen, die dafür aufgewendet werden. Alles andere bleibt eine schöne Erzählung, mit schwerwiegenden Folgen. Dieser Gedanke hat mich als ÖVP-Bundesrat durch das vergangene Jahr begleitet – in den Ausschüssen, im Plenum, bei vielen Gesprächen im Land und mit Kulturschaffenden vor Ort.

Kulturland Österreich: Vielfalt als Auftrag

Österreich ist ein Kulturland – und das nicht nur in unseren großen Häusern, sondern in einer außergewöhnlich vielfältigen Kulturlandschaft von Bregenz bis Eisenstadt, von der Dorfbühne bis zum Festival von Weltrang.

Als Mitglied der ÖVP-Bundesratsfraktion bekenne ich mich ausdrücklich zum gemeinsamen Regierungsprogramm der Koalition aus Volkspartei, SPÖ und NEOS. Dieses Programm nimmt Kultur ernst:

  • Wir wollen verlässliche Rahmenbedingungen für eine dynamische, innovative und vielfältige zeitgenössische Kunstproduktion und zugleich für unser kulturelles Erbe.
  • Zentrale kulturelle Institutionen sollen langfristig abgesichert werden – nicht von Budgetjahr zu Budgetjahr, sondern mit echter Planungssicherheit.
  • Im Sinne des internationalen Renommees unseres Kulturstandorts bekennt sich die Republik zur Fortsetzung und Umsetzung jener kulturellen Infrastrukturprojekte, an denen der Bund unmittelbar beteiligt ist. Bestehende und begonnene Bauvorhaben sollen abgesichert werden.

Das ist kein Selbstzweck. Es geht um die Frage, wie wir als demokratische Gesellschaft zusammenleben wollen – und welche Räume wir Kunst und Kultur dafür öffnen.

Große Bühnen, starke Regionen: Bregenz, Salzburg und Vorarlberg

Besonders eindrücklich wurde dieser Anspruch für mich in diesem Jahr an drei Orten:

Die Bregenzer Festspiele
Die Bregenzer Festspiele sind weit mehr als eine spektakuläre Seebühne, sie sind ein Symbol dafür, was möglich ist, wenn Bund, Land, Stadt und ein starker künstlerischer Anspruch zusammenwirken. Hier zeigt sich, wie Kultur internationale Strahlkraft, regionale Wertschöpfung und identitätsstiftende Wirkung verbindet. Wer Kulturförderung in Frage stellt, sollte sich eine Sommernacht am See ansehen – und verstehen, wie viel gesellschaftliche und wirtschaftliche Dynamik hier entsteht.

Der Bundesrat im Bundesland Salzburg
Im Zuge von „Bundesrat im Bundesland“ in Salzburg durfte ich den intensiven Dialog mit Präsidentin Kristina Hammer, Intendant Markus Hinterhäuser und Direktor Lukas Crepaz führen. Ihre Arbeit für die Salzburger Festspiele und das Festspielviertel ist ein Musterbeispiel dafür, was kulturelle Infrastrukturentwicklung bedeutet:

  • behutsamer Umgang mit historischer Bausubstanz,
  • kluge Erweiterung und Modernisierung,
  • Öffnung des Viertels für die Stadtgesellschaft, nicht nur für ein paar Festspielwochen.
  • Infrastruktur in der Kultur ist nicht nur Beton, Glas und Stahl. Es geht um Räume für Begegnung, für Reibung, für kritische Auseinandersetzung – und damit um Kernaufgaben der Demokratie.

Infrastruktur in der Kultur ist nicht nur Beton, Glas und Stahl. Es geht um Räume für Begegnung, für Reibung, für kritische Auseinandersetzung – und damit um Kernaufgaben der Demokratie.

KunstRaum Remise und Emmanuel Troy in Vorarlberg
Genauso prägend waren für mich im heurigen Jahr zahlreiche Ausstellungsbesuche in Vorarlberg – insbesondere im KunstRaum Remise mit dem monumentalen Werk von Emmanuel Troy. Zeitgenössische Kunst braucht nicht immer einen großen Namen an der Fassade. Sie braucht verlässliche Rahmenbedingungen, engagierte Menschen und die Bereitschaft, Neues auszuhalten. Gerade in den Regionen entstehen Räume, in denen gesellschaftliche Fragen unmittelbar und mutig verhandelt werden. Das ist gelebte demokratische Infrastruktur.

Gedenken als Zukunftsaufgabe: Die Jubiläen 2025

Gedenkfeiern und Jubiläen tragen zur Identifikation mit unserer Nation bei und erinnern uns daran, dass Demokratie, Freiheit und europäische Integration niemals selbstverständlich sind.

Das Gedenkjahr 2025 – 80 Jahre Gründung der Zweiten Republik, 70 Jahre Staatsvertrag, 30 Jahre EU-Beitritt Österreichs – markiert einen besonderen Fokus: Gedenkpolitk ist auch Kulturpolitik. Sie entscheidet mit darüber, welches Geschichtsbild wir weitergeben – und wie resilient unsere demokratische Kultur bleibt.

Kunst, Kultur und Bildung zusammendenken

Ein zentrales Anliegen ist und bleibt die Verschränkung von Kunst, Kultur und Bildung. Wenn wir wollen, dass junge Menschen Kultur nicht als „Extra“ erleben, sondern als Teil ihres Alltags, dann brauchen wir:

  • Mehr Platz für Kunst und Kultur in der elementarpädagogischen und schulischen Ausbildung – von der frühen Kindheit bis zum tertiären Bereich.
  • Eine engere Zusammenarbeit zwischen Bildungs- und Kulturressort, damit kulturelle Bildung strategisch verankert wird und nicht vom Engagement Einzelner abhängt.
  • Die Stärkung von Film- und Medienpädagogik in den Bildungseinrichtungen – im Zeitalter von Social Media, Deepfakes und Informationsflut ist Medienkompetenz eine demokratiepolitische Notwendigkeit.
  • Eine konsequente Weiterentwicklung der Kooperation zwischen Regelschulen, Musikschulen, Kulturinstitutionen und der freien Kunstszene – mit besserer Nutzung bestehender Angebote und neuen, niederschwelligen Formaten.

Wenn Kinder und Jugendliche früh erleben, dass Kunst und Kultur Räume der Freiheit, des Denkens und des gemeinsamen Erlebens sind, stärken wir damit die Basis unserer Demokratie.

Wer Kulturpolitik als demokratiepolitische Infrastruktur ernst nimmt, muss sich an Taten messen lassen – und an den Ressourcen, die dafür aufgewendet werden.

Für mich als ÖVP-Bundesrat heißt das:

  • weiter für Planungssicherheit und verlässliche Budgets für Kunst und Kultur einzutreten,
  • regionale Initiativen genauso im Blick zu behalten wie die großen Leuchttürme,
  • Bildung und Kultur als zusammenhängende Aufgaben zu verstehen,
  • und in allen kulturpolitischen Debatten daran zu erinnern:

Kultur ist kein Bonus. Kultur ist demokratische Infrastruktur.

Daran werde ich auch im neuen Jahr weiterarbeiten.

Christoph Thoma Blog

Unterwegs halte ich besondere Momente in Bildern und Geschichten fest. In meinem Blog finden sich Reportagen, Fotos und Eindrücke meiner politischen Arbeit und Schwerpunkte.