Das wäre meine formulierte Rede am 16. Dezember 2020 zum Kulturbudget 2021 im Vorarlberger Landtag gewesen. Ich habe mich dann kurzfristig dafür entschieden, diese Rede frei zu halten.
Anbei die beiden Beiträge als Video:
https://www.youtube.com/watch?v=zvICFO4mxUk&t=213s
https://www.youtube.com/watch?v=I-scbd5mjrA
Die Kunst- und Kultureinrichtungen des Landes, das vielfältige Kunst- und Kulturangebot in den Städten, den Gemeinden, überregional in Talschaften und verschiedensten Kooperationsformen – beispielsweise der Regio Bregenzerwald, der auslaufenden Initiative Kulturperspektiven 2024 oder Tal-schafft-Kultur der Gemeinden Bürs, Bürserberg und Brand, um nur einige zu nennen – die Kulturvereine und in die freie Kulturszene, tragen wesentlich zur Identität des Landes Vorarlberg bei. Kunst schafft Raum, damit kann eine kulturelle Wahrnehmung entstehen. Es entstehen Orte der gesellschaftlichen Selbstverständigung.
Viel war in den letzten Monaten von Systemrelevanz die Rede, verbunden mit der Fragen, ob Kunst und Kultur nun systemrelevant sind oder nicht, so bin ich zutiefst davon überzeugt, dass Kunst systemrelevant ist, und folglich ein kultureller Diskurs entstehen kann, der weit über die tradierte Kunstsparten hinaus geht.
Das Jahr 2020 war definitiv eine Herausforderung. Der Blasmusikverband und die weit über 100 Blasmusikvereine des Landes konnten kaum aktiv sein, selbiges gilt für den Chorverband. Tradition und Brauchtum, sprich die Trachtengruppen oder auch die bevorstehende Fasnat und das Funkenabbrennenwerden in der gewohnten Form nicht stattfinden. Das ehrenamtliche Engagement in Kulturvereinen leidet gewaltig durch diese Pandemie. Als Kultursprecher der ÖVP-Fraktion ist es mir daher besonders wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass freiwilliges Engagement für uns als Gesellschaft ein zentraler Aspekt einer aktivierenden Kulturpolitik ist. Und wir müssen alles daransetzen, dass gerade in diesem Feld nach der Pandemie rasch zu einer Normalität gefunden wird.
Gestatten Sie mir ein paar Gedanken, die in meinen Augen entscheidend für eine zeitgemäße Kulturarbeit.
An erster Stelle steht für mich persönlich kulturelle Bildung, welche voraussetzt, dass eine starke Vernetzung verschiedener Akteure und Disziplinen stattfindet. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Allgemeinbildung und damit Teil der schulischen Bildung. Dadurch werden Kompetenzen und Qualifikationen vermittelt, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben darstellen. Ich verweise beispielsweise auf das walk-tanztheater, das vielfältige Angebot des Amateurtheaterverbandes, aber auch auf die Montforter Zwischentöne, die in meinen Augen „Best practise“-Beispiele dafür sind, wie Beteiligung über Sparten hinweg funktionieren kann.
Diese angesprochene interkulturelle Öffnung und das Bemühen um gesellschaftliche Teilhabe sollten, nein müssen in meinen Augen wesentlich für Kunst- und Kulturproduktion sein. Beides muss zum Prinzip von Förderung werden. Dies ist auch ein Auftrag an die Kunstkommissionen des Landes und im Übrigen auch ein Beitrag zu einer gelingende Integrationspolitik im Land Vorarlberg.
Der digitale Wandel erweitert unser Kulturverständnis. Und das nicht erst seit Corona. Der digitale Raum bietet enorme Gestaltungsmöglichkeiten über aller Kunstsparten hinweg. Digitalisierung durchdringt das kulturelle, politische und private Leben bis in den letzten Winkel. Das ist in meinen Augen eine der größten kulturellen Herausforderungen unserer Zeit, auch für Künsterinnen und Künstler und Kultureinrichtungen.
Und daher bleibt ein Blick auf Konnektivität in der Kunst als kulturelle Chance. Die Beteiligung der Nutzer, sprich des Publikums schafft ein hohes Maß an Akzeptanz durch Identifikation. Das ist auch eine Frage von Rahmenbedingungen, wie wir unsere Kulturakteure dazu empowern, um Digitalisierung und Vernetzung als echte Chance zu begreifen.
Wenn ich auf das Kulturbudget des Landes schaue, dann – und das wird sie nicht überraschen – erachte ich das als positives Signal für die Kunst- und Kulturszene des Landes.
Ja, die Einschnitte von 300.000 Euro für die Vorarlberger Kulturhäuser, das vorarlberg museum, das Kunsthaus Bregenz und das Vorarlberger Landestheater schmerzen, allerdings gehe ich davon aus, dass dies auch als Chance für strategische Prozesse, eine mögliche Neuausrichtung insbesondere beim Landestheater genutzt wird. Und ich vertraue darauf, dass mit der Landeshauptstadt Bregenz die Gespräche im kommenden Jahr bzgl. der baulichen Weiterentwicklung des Theaters am Kornmarkt Fahrt aufnehmen.
Dass die Bregenzer Festspielhaus-Sanierung fixiert ist und folglich mit Mitteln aus dem Hochbaubudget des Landes eine wichtige kulturelle Infrastruktur in den kommenden Jahren modernisiert werden kann, verdanken wir der Hartnäckigkeit des Bregenzer Alt-Bürgermeisters Markus Linhart, dem an dieser Stelle auch nochmals für sein jahrelanges kulturpolitisches Engagement, weit über die Grenzen der Landeshauptstadt, hinaus gedankt werden darf.
Erfreulich ist beispielsweise die Budgeterhöhung für das Ensemble UNPOP. Ich konnte selbst noch eine der letzten Aufführungen Ende Oktober vor dem Soft-Lockdown in Dornbirn erleben. Es braucht Räume und kulturelle Produktionsstätten, gerade im Bereich der darstellenden Kunst, wo experimentiert und neue Formen des Theaters probiert werden.
An dieser Stelle sei mir auch gestattet, Johannes Rausch, den Gründer des Festivals „Luaga & Losna“ in Nenzing zu erwähnen, der das Festival in jüngere Hände übergeben hat. „Sein“ Theater der Figur, das über Jahrzehnte vielen Kindern und Jugendlichen einen ersten Blick ins Theater gewährt hat, geht quasi mit ihm jetzt in Pension. Ein herzliches Dankeschön für den jahrezentelangen Einsatz für die darstellende Kunst in Vorarlberg.
Die konsequente Umsetzung eines Vorarlberger Literaturhauses in Hohenems zeigt sich auch durch einen von sieben Förderpreisen der „Internationalen Bodensee-Konferenz 2020“. Das Literaturhaus bleibt auch 2021 ein bedeutender Kristalisationspunkt im Kulturbudget des Landes. Vielen Dank an dieser Stelle an Geschäftsführerin Frauke Kühn vom „netzwerk literatur:vorarlberg“. Vorarlberg braucht neben dem Felder-Archiv einen zweiten Ort für bewusste Auseinandersetzung mit Text und Sprache, sprich mit Literatur.
Deutlich erhöht wurde auch die Förderung des Ensemble Plus. Der neue Leiter des Ensembles, der Bratschist Guy Speyers, gebürtiger Südafrikaner, der mittlerweile in Nüziders sesshaft geworden ist, hat in Feldkirch am Vorarlberger Landeskonservatorium bei Prof. Klaus Christa, studiert, ist Lehrer an der Musikschule Dornbirn und Mitglied des Symphonieorchesters Vorarlberg. Das Ensemble versucht der zeitgenössischen Musik, Disziplinen übergreifend mehr Augenmerk zu schenken.
Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn Sie mich irgendwann zu einem Konzert der „Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik“ oder zum Festival „Texte und Töne“ im kommenden Jahr begleiten, vorausgesetzt, Corona lässt das zu. Zeitgenössische Kunst polarisiert, ist aber wesentlich. Unvorstellbar, dass beispielsweise die Musik von Johann Sebastian Bach, die wir wohl alle sehr schätzen, erst rund 100 Jahre nach seinem Tod, sprich Mitte des 19. Jahrhunderts so richtig populär wurde.
Kultur leistet einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität im ganzen Land Vorarlberg, und wirkt in alle Lebensbereiche. Kultur ist ein Knotenpunkt, eine Schnittstelle sowie Debattenort zu allen gesellschaftsrelevanten Themen. Sie ist ein wichtiger Spiegel der Gesellschaft und ein Seismograph gesellschaftlicher Veränderung.
Und die Pandemie führt es uns vor Augen: Wir brauchen Kunst und Kultur in diesen Tagen mehr denn je!
Die Aufgabe von Kulturpolitik und Kulturverwaltung ist es, hierfür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Und das ist, trotz der Corona-Situation, der Landesregierung mit der professionell agierenden Kulturabteilung des Landes auch für das Jahr 2021 gelungen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Frau Landesstatthalterin für den fortlaufenden Austausch, und insbesondere an Dr. Winfried Nussbaummüller, den Vorstand der Kulturabteilung.
Ich kann als Kulturpolitiker und erfahrener Kulturakteuer nur sagen: Sie können diesem Kulturbudget mit gutem Gewissen zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufermerksamkeit
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